In der Energiekrise und Inflation sollen weitere Entlastungsmaßnahmen die Preise abfedern. Unter anderem Familien erhalten mehr Geld. Außerdem löst Bürgergeld Hartz IV ab, die Rente steigt, Wohngeld und andere Leistungen ebenso; dafür wird die Krankenkasse teurer. Auch bei Arbeit und Steuer ändert sich einiges: 2023 kommen zahlreiche Änderungen, die zu kennen sich lohnt.
Über viele wichtige Neuerungen und Regelungen gibt es auf diesen Seiten einen Überblick. Natürlich ist die Aufzählung aus Platzgründen nicht vollständig. Auch ist in der Kürze nicht jedes Detail erklärbar. Bei offen bleibenden Fragen kann im Sozialrecht oft die SoVD-Beratung vor Ort weiterhelfen, bei Fragen zum Beispiel zu Dienstleistungen, Versicherungen und Waren auch etwa die Verbraucherzentrale.
Soziale Sicherung und Stärkung für Familien
Bürgergeld statt Hartz IV
Es war im Dezember Titelthema: Hartz IV gibt es 2023 nicht mehr. Nach viel politischem Ringen kommt stattdessen, mit Kompromissen, das Bürgergeld. Die Reform tritt in zwei Schritten in Kraft: prinzipiell zum 1. Januar, weite Teile zum 1. Juli. Das neue Sicherungssystem gilt für Empfänger*innen von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld. Wer schon Hartz IV bezog, muss keinen neuen Antrag stellen – nur bei Weiterbewilligung. Das Verfahren bleibt wie gehabt.
Das ändert sich: Der Regelsatz steigt je nach Stufe um rund 50 Euro. Hinzu kommen einige Neuerungen. Unter anderem fallen viele Sanktionen weg, das Schonvermögen ist größer (40.000 Euro) und es gibt ein „Weiterbildungsgeld“ und einen „Bürgergeldbonus“. Das Jobcenter soll sich besser um Arbeitslose kümmern und sie lieber in dauerhafte Arbeit statt Hilfsjobs vermitteln. Qualifizierung soll deshalb im Zweifel vorgehen.
Das sind die neuen Regelsätze:
- Stufe 1, Alleinstehende / Alleinerziehende: 502 Euro (+53 Euro),
- Stufe 2, Paare in Bedarfsgemeinschaft je Partner*in: 451 Euro (+ 47 Euro),
- Stufe 3, Erwachsene in Einrichtungen (nach SGB VIII) oder unter 25-jährige Erwachsene bei den Eltern wohnend: 402 Euro (+ 42 Euro),
- Stufe 4, Jugendliche 14–17 Jahre: 420 Euro (+ 44 Euro),
- Stufe 5, Kinder 6–13 Jahre: 348 Euro (+ 37 Euro),
- Stufe 6, Kinder 0–5 Jahre: 318 Euro (+ 33 Euro).
Krankenkasse: Beitrag steigt
Die Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und deren Zukunft sind ein großes Thema (siehe etwa Titelthema der September-Ausgabe). Im Zuge dessen steigen mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz 2023 die Krankenkassenbeiträge deutlich, im Schnitt auf 16,2 Prozent des Bruttolohns.
Mehr Kindergeld
Ab dem 1. Januar gibt es für jedes Kind 250 Euro Kindergeld. Damit erhöht es sich für die ersten drei Kinder, und zwar stärker als zuerst geplant: Für die ersten beiden gibt es je 31 und für das dritte 25 Euro mehr. Ab dem vierten waren es vorher schon 250 Euro.
Die Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit passt die Beträge an. Erstanträge und Infos gibt es unter: www.arbeitsagentur.de/familie-und-kinder.
Höherer Kinderzuschlag
Viele Familien kennen den Kinderzuschlag (KiZ) gar nicht. Er ist zusätzlich zum Kindergeld möglich – und steigt ab Januar ebenfalls auf bis zu 250 Euro pro Kind, abhängig vom Einkommen. Den Zuschlag bekommen erwerbsfähige, kindergeldberechtigte Eltern oder Alleinerziehende, deren eigenes Einkommen (kein Bürgergeld) zwar für sie selbst, aber nicht oder nur knapp für die ganze Familie reicht. Es muss brutto die Mindesteinkommensgrenze erreichen (Paare 900 Euro, Alleinerziehende 600 Euro), zusammen mit dem Vermögen aber unter einer Höchstgrenze liegen. Leistungen wie der Heizkostenzuschuss zählen dazu. Den – recht komplizierten – Antrag stellt man bei der Familienkasse, auch online. Um zu prüfen, ob man die Kriterien erfüllt, findet sich ein „KiZ-Lotse“ auf www.arbeitsagentur.de.
Kinderbonus fällt wohl weg
Dass hingegen die Einmalzahlung „Kinderbonus“, zuletzt als Corona-Krisenprämie, 2023 wieder kommt, zeichnete sich bei Redaktionsschluss nicht ab.
Gesetzliche Rente
Rentenerhöhung und anderes
Neues gibt es auch bei der Alterssicherung. So gilt ab Januar eine höhere Beitragsbemessungsgrenze. Und nach der großen Erhöhung 2022 steigt die Altersrente wohl auch diesmal wieder zum 1. Juli: 3,5 Prozent im Westen und 4,2 im Osten. Details klären sich im Frühjahr.
Schrittweise abgeschafft wird die Renten-Doppelbesteuerung (mehr auf der Nebenseite). Die große Reform mit dem zweiten Rentenpaket jedoch ist verschoben (siehe Seite 2).
Hinzuverdienst bei Frührente
Wer vor dem regulären Eintrittsalter, aktuell 67 Jahre, in den Ruhestand geht, muss Abzüge bei der Rente hinnehmen. Das trifft viele Menschen hart. Deshalb – und aus der Erfahrung mit den coronabedingt angehobenen Grenzen – fällt ab 2023 die Hinzuverdienstgrenze komplett weg. Vorzeitig in Rente Gegangene können also nun beliebig viel dazuverdienen.
Hinzuverdienst bei Erwerbsminderungsrente
Bei den Erwerbsminderungsrenten steigen die Grenzen für einen Nebenerwerb ohne Rentenkürzung deutlich. Bei voller Erwerbsminderung, also wenn man nur bis zu drei Stunden täglich arbeiten kann, sind es 17.823,75 Euro im Jahr. Bei teilweiser Erwerbsminderung, also bis sechs Stunden Arbeit pro Tag, sind es 35.647,50 Euro.
Arbeitsleben und Steuern
Besser bezahlte Pflege
Nach der ersten Erhöhung des Mindestlohnes in der Pflege im September 2022 sind 2023 zwei weitere Stufen angesetzt, zum 1. Mai und 1. Dezember:
Altenpflege: ab Mai 14,90 und ab Dezember 15,25 Euro,
Pflegefachkräfte: 17,65 und 18,25 Euro,
Qualifizierte Pflegehilfskräfte (1–2 Jahre Ausbildung): 14,90 und 15,25 Euro,
Pflegehilfskräfte: 13,90 und 14,15 Euro.
Außerdem gibt es mehr gesetzlichen Urlaub, 29 Tage bei einer Fünf-Tage-Woche.
Krankschreibung elektronisch
Auch das berichtete „Soziales im Blick“ schon: Ab Januar können Angestellte einfacher eine ärztliche Krankschreibung einreichen. Denn Arbeitgeber müssen am Verfahren zur elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) teilnehmen. Statt auf Papier übermittelt die Praxis sie digital an die Krankenkasse. Dort ruft der Arbeitgeber sie ab, wenn der*die Mitarbeiter*in sich krankmeldet. Man kann aber auch einen Ausdruck erhalten. Als gesetzlicher Beweis bleibt der Papierschein bestehen.
Auch Kliniken müssen mitmachen. Ausgenommen sind Privatärzt*innen, Praxen im Ausland, Reha-Einrichtungen, Physio- und Psychotherapeut*innen.
Kurzarbeitergeld verlängert
Ein vereinfachter Zugang zu Kurzarbeitergeld entstammt der Pandemie und sollte die Wirtschaft stabilisieren. Nun ist die Energiekrise mit ihren Belastungen für Betriebe der Grund, dies bis zum 30. Juni zu verlängern. Die Regelung gilt auch bei Leiharbeit.
Mehr Homeoffice-Pauschale
Die Homeoffice-Pauschale wird 2023 ebenso fortgesetzt. Sie steigt sogar: Fürs Arbeiten zu Hause steuerlich geltend machen kann man bis 1.000 Euro (statt 600 Euro) pro Jahr. Absetzbar sind 200 (statt 120) Homeoffice-Tage, fünf Euro pro Tag. Die Pauschale gilt auch ohne ein Arbeitszimmer.
Midijob-Verdienstgrenze
Wer in einem „Midijob“ (Übergangsbereich) arbeitet, darf ab Januar bis zu 2.000 statt 1.600 Euro brutto im Monat verdienen. Das folgt aus dem höheren Mindestlohn. Anders als im Minijob ist man im Midijob sozialversicherungspflichtig – zahlt aber weniger Abgaben als in Jobs über der Grenze. Das hilft Menschen in Teilzeit. Doch der SoVD kritisiert, dass es keine Arbeit fördert, die zum Leben reicht.
Jahressteuergesetz 2023
Das neue Jahressteuergesetz enthält unter anderem bessere Abschreibungsmöglichkeiten für Immobilienbau und Photovoltaik. Bei Anschaffung einer kleinen Solaranlage soll etwa die Umsatzsteuer (umgangssprachlich Mehrwertsteuer) entfallen.
Auch bei der Einkommensteuer gibt es Neues:
Höherer Grundfreibetrag
Der Grundfreibetrag, also das steuerfreie Einkommen, erhöht sich 2023 auf 10.908 Euro. Für Paare gilt der doppelte Betrag. Erst darüber zahlt man Einkommensteuer. Die Änderung ist Teil des Inflationsausgleichsgesetzes. Sie soll Geringverdienenden nutzen, bringt aber je nach Gehalt wenig Ersparnis.
Höherer Kinderfreibetrag
Neben höherem Kindergeld und Kinderzuschlag (siehe dort) greift für Familien auch eine Änderung bei der Einkommensteuer: 2023 steigt der Kinderfreibetrag von 5.620 auf 5.760 Euro.
Neuer Spitzensteuersatz
2023 steigt der Spitzensteuersatz (42 Prozent) um über 3.000 Euro, er beginnt erst bei 61.972 Euro Jahreseinkommen. Der Reichensteuersatz (45 Prozent) bleibt, er greift ab 277.836 Euro.
Rente erst später besteuert
Rentenbeiträge kann man ab 2023 komplett von der Steuer absetzen. Besteuert werden Renten nun erst in der Auszahlungsphase im Alter. Die Reform soll Beschäftigte entlasten und allen nutzen, die in die gesetzliche Rentenversicherung, die landwirtschaftliche Alterskasse, berufsständische Versorgungseinrichtungen und Basisrentenverträge („Rürup“) einzahlen.
Immobilien-Grundsteuer
Zum 31. Januar müssen Haus- und Wohnungsbesitzer*innen ihre Grundsteuererklärung abgeben. Die Frist zu Ende Oktober wurde verlängert. Die neue Steuer gilt erst 2025, aber zur Berechnung sind die Angaben nötig.
Wohnen, Energie und Umweltschutz
Doppelt so viel Wohngeld
Das Wohngeld verdoppelt sich: Zum Neujahrstag steigt es um durchschnittlich 190 Euro im Monat von 180 auf rund 370 Euro. Die Auszahlung kann dauern (siehe Dezember, Seite 5). Die Wohngeldreform gehört zu den Entlastungspaketen. Das neue „Wohngeld Plus“ berücksichtigt steigende Heizkosten und Energiesanierung. Auch sollen mehr Mieter*innen Anspruch haben. Anträge stellen können Haushalte, die wenig Geld haben, aber keine Sozialleistungen beziehen.
Strom- und Gaspreisbremse
Wie berichtet starten ab März zwei Energiepreisbremsen. Sie sollen auch rückwirkend für die Monate Januar und Februar gelten. Stromkund*innen zahlen für 80 Prozent ihres bisherigen Verbrauches maximal 40 Cent pro Kilowattstunde; beim Gas sind es entsprechend 12 Cent.
Zweiter Heizkostenzuschuss
Wohngeldempfänger*innen und Menschen in Ausbildung, die Leistungen wie BAföG beziehen, erhalten antragslos einen 2. Heizkostenzuschuss; frühestens im Februar. Für Studierende und Azubis gibt es 345 Euro, für alle anderen je nach Haushalt: 415 Euro allein, 540 Euro für zwei, 100 Euro pro weitere Person.
Energiepauschale für Studis
Bund und Länder erstellen noch die Antragsplattform: Auch „Studis“ und Fachschüler*innen bekommen eine Energiepauschale. Einmalig 200 Euro kriegt auf Antrag, wer am 1. Dezember einer deutschen Hoch- oder Berufsschule angehörte.
Aus für die Atomkraft
Zum 15. April sollen die letzten drei deutschen Atomkraftwerke vom Netz gehen: Emsland, Isar 2 und Neckarwestheim 2. Der endgültige Atomausstieg verschob sich vor allem durch den Ukraine-Krieg und die Debatte um Energieknappheit.
Klimaabgabe fürs Heizen
Vermieter*innen müssen sich 2023 an der Heiz-Klimaabgabe („CO2-Preis“) ihrer Mieter*innen beteiligen: umso mehr, je klimaunfreundlicher das Haus ist.
Mobilität
Deutschlandticket
49 Euro im Monat soll das „Deutschlandticket“ kosten. Der aus SoVD-Sicht zu teure Nachfolger des 9-Euro-Tickets kommt frühestens zum 1. April. Fahren kann man damit im ganzen Land im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) inklusive Regio, aber nicht in Fernzügen wie IC, EC, ICE. Unter www.deutschlandticket.de kann man das Ticket vorbestellen; es ist nur als Abonnement käuflich. Wer schon ein lokales Abo hat, muss meist nichts tun.
Führerschein umtauschen
Wer zwischen 1959 und 1964 geboren ist, muss bis zum 19. Januar seinen alten Führerschein tauschen: gegen die EU-einheitliche, fälschungssichere Plastikkarte. Den Antrag stellt man bei der Führerscheinstelle.
Weniger Elektroauto-Bonus
Für Plug-in-Hybridfahrzeuge fällt 2023 die Förderung vom Bund weg. Für reine Stromfahrzeuge sinken die Prämien. Sie gibt es ab 1. September zudem nur noch für Privatpersonen.
Maske im Verbandskasten
Im Auto sind zwei medizinische Masken Pflicht im Erste-Hilfe-Kasten. Seit 2022 galt eine bußgeldfreie Übergangsfrist, bis die Straßenverkehrszulassungsordnung geändert ist – wohl Ende Januar.
Verbraucherinformationen
Euro-Münzen aus Kroatien
Nicht wundern: Durch den Beitritt Kroatiens – schon seit 2013 in der EU – zur Währungsunion kommen ab Januar neue Euro-Münzen in Umlauf. Sie können „ungewohnt“ aussehen. Zum Beispiel zeigen die Rückseiten von 1, 2 und 5 Cent glagolitische (altkirchenslawische) Schrift.
Mehrwegpflicht in Lokalen
Ab Jahresstart müssen Restaurants, Bistros und Cafés alles für unterwegs auch in einer Mehrwegverpackung anbieten. Es darf nicht teurer sein als einwegverpackt. Pfand ist zulässig.
Kfz-Versicherung-Einstufung
Für viele Autofahrer*innen wird durch neue Typenklassen die Versicherung teurer. Bei einer Beitragserhöhung hat man ein Sonderkündigungsrecht.